Nach dem aus Zuger Sicht äusserst ärgerlichen Out im Playoff-Viertelfinale
gegen den HC Davos – die Verletzung von Tobias Stephan als Killer – wird der EV
Zug am 11. September beim ersten Meisterschaftsspiel auswärts gegen den HC
Lugano nicht gross verändert in die neue Saison starten. Dies kann nun positiv
oder negativ ausgelegt werden.
Zum Positiven: CEO Patrick Lengwiler verfolgt seit Jahren einen
akribischen Plan, um die (hässliche) Meistertrophäe nach 1998 wieder in die
Kolinstadt zu bringen. Der äusserst schlaue Manager hat mit Reto Kläy einen
sehr kompetenten Sportchef zur Seite, der nun seit etwas über einem Jahr die
Fäden bezüglich Teamzusammensetzung in der Hand hält und erfolgreich am Masterplan
der Zuger arbeitet. Ausgangs der letzten Saison habe ich es erwähnt: die
wichtigste Personalie – sogar wichtiger als der neue ausländische Center als
Nachfolger von Robbie Earl – war die Akte Lino Martschini und diese hat Kläy
mit Bravour gemeistert.
Lino Martschini hier im (potthässlichen) Nationalmannschaftstrikot |
Der neue Vertrag mit dem besten Schweizer Scorer der
vergangenen Meisterschaftssaison läuft bis Ende der Saison 2019/20. Der sehr
gut dotierte und langfristige Vertrag ist ein klares Zeichen der Zuger, dass sie
es mit dem Meistertitel in den nächsten Jahren ernst meinen.
Grundgerüst für eine Meistermannschaft
steht
Nach den Verpflichtungen von Tobias Stephan auf der wichtigsten Position
im Eishockey, den Verteidigern Robin Grossmann und Dominik Schlumpf und dem Stürmer
Dario Bürgler plus den Verlängerungen mit Reto Suri und nun auch Lino
Martschini steht das Grundgerüst der Schweizer Spieler für eine lange
Playoffreise. Was es für den Titel braucht, sind die idealen Ausländer und
Rollenspieler, welche diesen Kern ergänzt. Ob es in der aktuellen Formation für
den Meistertitel in der kommenden Saison reicht, wage ich zu bezweifeln. Im
Eishockey ist allerdings vieles möglich, besonders wenn man über einen derart exzellenten
Rückhalt wie Tobias Stephan in den eigenen Reihen verfügt.
Akte Josh Holden
Eine nicht zu unterschätzende, evtl. entscheidende Komponente wie erfolgreich
die Zuger Saison ausfällt, ist der Einbürgerungsprozess von Josh Holden. Der Leitwolf,
der seine besten Jahre hinter sich hat, obwohl er letzte Saison eine Art
zweiten Frühling erlebte, wird im Januar 38 Jahre alt. Sollte der Kanadier, wie
man munkelt, noch vor den Playoffs Schweizer werden, kann sich Sportchef Reto
Kläy die Hände reiben und einen zusätzlichen Ausländer für die Playoffs
verpflichten. Das gäbe aus Zuger Sicht eine zusätzliche Stärkung für die bottom 6 hinsichtlich der Playoffs.
Modifikationen im Team
Zum Negativen bzw. weniger Positiven, wie man es auslegen will: die
Ausgabe 2015/16 der Zuger hat sich gegenüber der letzten Saison nicht gross verändert.
Auf der 2. Torhüterposition ersetzt Noël Bader vom eigenen Nachwuchs Gianluca
Hauser. In der Verteidigung bleibt alles bestehen, ausser an 10. Stelle der
Depth Chart: der von der Hockey Academy ausgebildete Livio Stadler wird vielleicht
schon in dieser Saison National League Luft schnuppern können, wird jedoch bei
den Elite Junioren eine grosse Rolle einnehmen. Im Sturm positiv zu bewerten
ist die Akquise vom starken Zweiweg-Center Jarkko Immonen, der den fleissigen
Scorer Robbie Earl ersetzt. Dies ist deshalb als Upgrade zu bewerten, da Immonen
ein natürlicher Center ist, der defensiv sehr zuverlässig arbeitet und nach
vorne seine gute Übersicht ausspielen kann.
Sportchef Reto Kläy begrüsst Jarkko Immonen beim EV Zug |
Zudem ist er ein
überdurchschnittlicher Faceoff-Mann. Man weiss zwar nie, wie sich ein Spieler in
einer neuen Mannschaft oder in diesem Falle gar einer neuen Liga
akklimatisiert. Aber eine erste Linie mit Pierre-Marc Bouchard, Jarkko Immonen
und Dario Bürgler hat das Potential, um für Spektakel zu sorgen. Weiter wurde
Fabian Sutter unspektakulär mit dem zwei Jahre jüngeren Emanuel Peter ersetzt.
Peter bringt mehr Wasserverdrängung mit und ist ein besserer Bully-Spieler. Sutter,
der aufgrund von Holden’s Verletzung zeitweise in der ersten Linie spielte,
aber dabei sehr blass blieb, brachte die Zuger Fans öfters an den Rand der
Verzweiflung. Der Platz als Drittliniencenter werden sich Peter und der junge
Nolan Diem unter sich ausmachen. Diem, der beste Faceoff-Spieler der Zuger,
wurde in den Playoffs etwas fest gehyped und aus meiner Sicht überschätzt. Er
wird nichtsdestotrotz hoffentlich in der kommenden Saison weiter reifen und in
der Rolle als Center in der 3. Linie wachsen. Vermisst in der „bottom six“ wird
sicherlich Fabrice Herzog. Mit 9 Punkten zeigte Herzog zwar nicht gerade grosse
Scorerqualitäten, aber sein unermüdlicher Einsatz, sein körperbetontes Spiel
und seine Checks wird Zug vermissen. An seiner Stelle tritt Nicolas Thibaudeau.
Zudem wurden Marc Marchon und Dominik Volejnicek, wie Stadler ebenfalls
von der Hockey Academy, ins Team aufgenommen.
So könnte die Mannschaftsaufstellung aussehen:
Bouchard - Immonen - Bürgler
Suri - Holden - Martschini
Schnyder - Peter - Zangger
Lammer - Diem - Thibaudeau
13. Stürmer: Marchon, Volejnicek
Sondell - Schlumpf
Grossmann - Ramholt
Alatalo - Lüthi
7. Verteidiger: Erni, Morant, Blaser, Stadler
Simon Lüthi wird dem EV Zug wahrscheinlich erst ab dem neuen Jahr wieder
zur Verfügung stellen. Aufgrund einer Kreuzbandoperation fällt der
zweikampfstarke und wichtige Teamplayer monatelang aus. Er wird schmerzlich
vermisst werden, gilt der hart spielende Verteidiger als äussert unangenehmer Gegenspieler.
Erfolgreiche Playoff-Teams sind robust
In der Viertelfinal-Playoff-Serie gegen den späteren Meister HC Davos hat
man die Limiten von Zug gesehen. Powert der Gegner so wie Davos, haben die
Kolinstädter nur eine Chance, wenn sich Torhüter Stephan in blendender
Verfassung befindet. Stephan war es, der die Zuger in der Serie hielt. Zu gut,
giftig und robust waren die Spieler des HCD. Besonders in den Playoffs kommt die
Robustheit, die Wasserverdrängung und die Stärken bei den „battles along the
boards“ zum Vorschein. Hier haben die Zuger aufgrund ihrer Grösse ihre
Defizite. Diese wurden meiner Meinung nach noch nicht „meisterlich“ verbessert.
Besonders in der dritten und vierten Linie fehlen mir noch zwei solcher Spielertypen
für den ganz grossen Erfolg. Ein Dominic Lammer ist bspw. Fehl am Platz. Er
gehört in die ersten beiden Linien, um seine Stärken auszuspielen. Doch diese
Positionen sind bereits (sehr gut) besetzt. Evtl. macht ein Trade mit dem durchaus
talentierten Lammer Sinn, um sich gezielt zu verstärken und dem langersehnten
Finaleinzug näher zu kommen. Das Gleiche gilt im ähnlichen Sinne für Samuel
Erni in der Verteidigung.
Ob die aktuelle Mannschaft für den Einzug in den Final oder gar
Meistertitel reicht? Meiner Meinung nach ist Tobias Stephan immer für eine Halbfinal-Qualifikation
gut. Ob die 3. und 4. Linie für eine weitere Reise in den Playoffs genügt, werden
wir sehen. Die Einbürgerungsbehörden könnten hierzu sicherlich ihren Anteil
dazu beitragen.
Im nächsten Bericht folgen interessante Vergleiche zu den anderen National
League Clubs und auch NHL Clubs.
Zuzüge:
Bader (EV Zug Elite-Junioren), Immonen (Torpedo Nizhny Novgorod, KHL),
Marchon (EV Zug Elite Junioren), Peter (EHC Biel), Stadler (EV Zug
Elite-Junioren), Thibaudeau (SC Rapperswil-Jona Lakers), Volejnicek (EV Zug
Elite-Junioren)
Abgänge:
Christen (Rücktritt), Dünner (SC Langenthal, NL B), Earl (Färjestad BK,
SHL), Hauser (EHC Arosa, 1. Liga), Herzog (ZSC Lions), Repik (Bili Tygri
Liberec, Extraliga) Stämpfli (HC La Chaux-de-Fonds, NL B), Sutter (EHC Biel),
Thürkauf (Kelowna Rockets, WHL)
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