Donnerstag, 19. Oktober 2017

Die Kaderplanung für die Saison 2018/19 hat längst begonnen

Spätestens seit dem Tweet von Dino Kessler auf Twitter am 17. Oktober („Robin Grossmann wechselt im Sommer 2018 vom @Eissportverein zum @lausannehc.“) herrscht im Fanlager des EV Zug eine gewisse Nervosität besonders gegenüber der Verteidigung ab der nächsten Saison. Robin Grossmann ist ein Top 4-Verteidiger des EV Zug mit aktuell 5 Toren und 3 Assists in den bisherigen 14 Spielen und hinter Captain Raphael Diaz erhält er am zweitmeisten Eiszeit (19:23 TOI pro Spiel) bei den Verteidigern. Mit bereits 5 Toren hat Grossmann seine Bestmarke in der National League A aus der Saison 2010/11, als er noch beim HC Davos war, bereits egalisiert und ist auf bestem Weg seine beste Saison überhaupt zu absolvieren – ein career year also. Mit 30 Jahren in seiner „Prime“ möchte er natürlich nochmals einen sehr gut dotierten und langfristigen Vertrag unterschreiben. Mit Lausanne fand er anscheinend einen Club, der ihm das anbietet, was er fordert.

Zurück zum EVZ. Hier die aktuelle Situation der Verteidigung für die Saison 2018/19:

? – Diaz (32)
? – ?  
Alatalo (28) – Schlumpf (27)
? – ?
?

Auslaufende Verträge: Fohrler (21), Geisser (19), Helbling (37), Morant (32), Stadler (20), Thiry (20)
Definitive Abgänge: Grossmann (31, zu Lausanne HC)

Bemerkung:
In Klammer ist das Alter am 1. September 2018, also kurz vor Beginn der nächsten Saison.

Zu beachten gilt, dass Geisser gut und gerne ab kommender Saison in Nordamerika spielen möchte und Helbling aufgrund seines zunehmenden Alters und Abbau seines Könnens nicht verlängert wird. Beide Szenarien kann ich mir gut vorstellen.

Der Markt für Verteidiger sieht ein bisschen besser aus als zunächst angedacht.
Im Folgenden liste ich die aus meiner Sicht interessante Namen auf und ergänze diese jeweils mit einer Bemerkung.

Optionen aus Nordamerika:
  • Luca Sbisa (28): Eine Rückkehr in die Schweiz ist noch zu früh. Und wenn er zurück in die Schweiz kommen sollte, wären eher finanzkräftige Clubs wie SC Bern, ZSC Lions oder HC Lugano ein Thema. Sbisa ist kein zweiter Diaz, der bei einer Rückkehr in die Schweiz aufgrund seiner Verbundenheit zum EV Zug und der Region auf (viel) Geld verzichten wird.
  • Yannick Weber (29): Sicherlich ein interessanter Spieler. Bei Nashville erhält er wenig Eiszeit (11:55 TOI pro Spiel waren es in der Saison 2016/17) und verdient ziemlich wenig (650'000 USD). In der Schweiz würde er Netto bestimmt einiges mehr verdienen. In der NHL würde ein neuer Kontrakt nicht viel mehr einbringen.
  • Dean Kukan (25): Ob er den Sprung von der AHL in die NHL schaffen kann, wage ich zu bezweifeln. Es ist nun die dritte Saison in Nordamerika. Sollte Kukan in der aktuellen Saison keine NHL-Einsätze erhalten, gehe ich davon aus, dass er in die Schweiz zurückkehrt. Allerdings werden die finanzkräftigen NL-Clubs wiederum Schlange stehen. Bei Zug hätte er aber bestimmt die Garantie von viel Eiszeit.
  • Nico Gross (18): Ein überaus talentierter Verteidiger. Mehr Talent als alle bestehenden jungen Zuger Verteidiger. Allerdings auch noch sehr jung. Ob er eine weitere OHL-Saison anhängen wird, steht noch in den Sternen. Hängt sicherlich von der aktuellen Saison und vor allem auch des NHL Drafts 2018 ab.


Optionen aus der Schweiz:
  • Calle Anderson (24): Wäre einer meiner Wunschkandidaten gewesen. Gerade vorhin wurde seine Vertragsverlängerung beim SC Bern jedoch kommuniziert. Erhält bei Bern aktuell nur die 6-meiste Eiszeit. Eine Rückkehr nach Zug wäre super gewesen.
  • Alessandro Chiesa (31): Wenn wir gerade bei Rückkehrern sind, wäre Chiesa ein optimaler Ersatz für den alternden Timo Helbling. Aber auch hier sieht’s leider danach aus, als ob der Captain der Luganesi verlängern wird.
  • Philipp Furrer (33): Einer meiner Schweizer Lieblingsverteidiger. Wenn er nicht gerade verletzt ist, einer der besten Schweizer Verteidiger. Aber eben: Sehr viel verletzt und wird immer älter. Ein Transfer wäre sicher mit viel Risiko verbunden, aber der „Reward“ wäre auch sehr hoch! Ich würde sagen: go for it!
  • Dave Sutter (26): Bitte holen! Ein sehr guter Verteidiger, der beim ZSC verloren ist. Nur 13 Minuten Eiszeit pro Spiel. Eine Luftveränderung würde Sutter gut tun.
  • Phil Baltisberger (22): Hat das Potential zu einem soliden Top 4-Verteidiger. Beim ZSC steht er aber ebenfalls wie Sutter an.
  • Samuel Guerra (25): Mit Guerra erhält man nicht so viel Offensive, aber im Grunde genommen ein verlässlicher guter Abwehrspieler, der beim ZSC aktuell nur 7:48 TOI pro Spiel erhält.
  • Roger Karrer (21): Wie Baltisberger eher ein Projekt, der einschlagen könnte.
  • Jesse Zgraggen (25): Nicht überragend, aber vielleicht ein zuverlässiger Zuzug
  • Arnaud Jacquemet (30): Eher ein Routinier, der bestimmt eine Verstärkung sein würde.
  • Noah Schneeberger (30): Wäre ein valabler Grossmann-Ersatz. Erhält bei Davos nur noch 13:37 TOI pro Spiel.
  • Jannik Fischer (28): Eine allfällige Rückkehr des Baarers wäre für das dritte oder vierte Verteidigungspaar. Ob ihm dies reicht?
  • Lorenz Kienzle (30): Ebenfalls eine interessante Option. Erhält bei Fribourg fast 20 Minuten Eiszeit pro Spiel und ist auf dem Weg zur besten Saison seiner Karriere. Wahrscheinlich nicht günstig zu haben.

Meine realistische Wunsch-Defense für die Saison 2018/19 wäre einerseits, dass bei den auflaufenden Verträgen folgende verlängert werden: Geisser, Fohrler, Morant und Stadler. Hoffentlich bleibt Geisser noch mindestens eine Saison bei Zug, bevor er nach Nordamerika zieht. Fohrler muss Fortschritte machen, hätte aber alle Anlagen dazu. Morant muss unbedingt bleiben. Nicht nur wegen seiner Härte, aber unterdessen spielt er meistens den sicheren und einfachen Pass und kennt seine Limiten. Stadler ist talentiert, benötigt aber Zeit, um zu reifen.
Dazu ein paar externe Verstärkungen und dann ist der EV Zug auch nächste Saison wieder konkurrenzfähig:

Geisser (19) – Diaz (32)
Furrer (33, neu) – Sutter (26, neu)
Alatalo (28) – Schlumpf (27)
Stadler (20) – Morant (32)
Fohrler (21)


Donnerstag, 9. Februar 2017

Die Schweizer Eishockey-Nationalmannschaft an den Olympischen Spielen in PyeongChang 2018 - Meine Auswahl ein Jahr vor dem ersten Bully

Zunächst muss festgehalten werden, dass ich trotz der momentanen aussichtslosen Situation zwischen der NHL und NHLPA überzeugt bin, dass es in letzter Minute (ca. anfangs bis Mitte März) noch zu einer Einigung kommen wird, dass die NHL ihren Betrieb drei Wochen einstellen wird und die Klubs ihre Spieler freigeben werden. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Deshalb stelle ich das Schweizer Team mit den Spielern in Übersee zusammen.

Bevor ich nun mit der Zusammenstellung beginne, möchte ich erwähnen, dass die Teilnahme der Schweizer Nationalmannschaft am Spengler Cup nur dann einigermassen Sinn machen würde, wenn die NHL-Spieler keine Freigabe erhalten. Auch sonst finde ich es persönlich äusserst merkwürdig, dass ein professionelles, auf ein Ziel (Olympia 2018) gerichtetes Team an einem solchen „Grümpelturnier“ mitmacht. Aber das ist ein ganz anderes Thema.

Mit dem aktuellen Trend in der NHL zu jungen, schnellen, mobilen, agilen Spielern mit Hockeysense (SKILL, SKILL, SKILL) versuche ich das Schweizer Team so zu formen, dass sämtliche vier Linien dem modernen Eishockey entsprechen. In der Defensive sind vor allem auch puck-moving Verteidiger gefragt mit einem sehr guten ersten Pass. Klar muss es noch einige Rollenspieler, wie Power- und Boxplay-Spieler geben. Doch eine reine Checkinglinie ist bspw. passé. Die Schweiz ist heutzutage im Stande  vier Linien mit skilled Spieler zu stellen.

Bemerkung: In Klammer steht das jeweilige Alter zum Stichtag 10. Februar 2018, an dem das erste Spiel des Eishockeyturniers stattfindet.

Hier ist die beste Schweizer Nationalmannschaft aller Zeiten:

1. Sturmreihe
Meier (21) – Malgin (21) – Niederreiter (25)
Timo Meier scheint diese Saison den Sprung als Regular zu schaffen. Für einige Spiele als Flügel von Big Joe Thornton und Joe Pavelski in der 1. Linie bei den San Jose Sharks eingesetzt, wird er meiner Meinung nach in der kommenden Saison sein „Coming-Out-Party“ mit einer guten Punkte-Produktion in der NHL haben. Denis Malgin hat seit Ende November – seit dem Coaching-Wechsel von Gerard Gallant zu Tom Rowe – einen schweren Stand. Hinzu kommt, dass die beiden Starspieler Aleksander Barkov und Jonathan Huberdeau letzte Woche von ihren Verletzungen zurückgekehrt sind. Trotzdem ist Malgin ein sehr talentierter Spieler, der die erste Sturmreihe der Schweizer anführen kann. Komplettiert wird die erste Linie mit Nino Niederreiter – ein no-brainer. Der aktuell beste Schweizer Eishockeyspieler wird nur noch besser werden.

2. Sturmreihe
Moser (28) – Hischier (19) – Bärtschi (25)
Die Balance zwischen Routine und jungem Talent ist auch hier wichtig. Simon Moser, seit Jahren einer der besten Spieler der Schweiz, der konstant seine Leistungen auch im Nationaldress abruft, ist ein idealer Flügel für den zukünftig besten Eishockeyspieler der Schweiz: Nico Hischier, der meiner Meinung nach als Nummer 1 Overall-Pick im NHL Draft 2017 gezogen wird und nächstes Jahr bereits in der NHL spielen wird. Randnotiz: Ich hoffe, die Vegas Golden Nights gewinnen die Lotterie und ziehen Hischier. Absolut genial, wie Hischier mit einer neuen Franchise mitwachsen und gleich das Aushängeschild in Las Vegas sein könnte. Verrückt, nicht? Bitte nicht Colorado, Arizona oder Vancouver. Diese Klubs sind aktuell aus unterschiedlichen Gründen (Avs: Schlechtes Management, Coyotes: Stadionproblem, Canucks: Ein kompletter Rebuild kann erst nach der Sedin-Ära passieren) nicht sehr attraktiv.
Nach langem hin und her habe ich mich für eine Balance entschieden und deshalb Malgin zu Niederreiter gesetzt und nicht Hischier. Diese zweite wird durch Sven Bärtschi komplettiert, der diese Saison bei einem der schlechtesten Teams seine offensive Qualitäten unter Beweis stellt.

3. Sturmreihe
Fiala (21) – Ambühl (34) – Hollenstein (28)
Kevin Fiala hat so viel Talent, dass er es verdient mit den beiden Routiniers Andres Ambühl und Denis Hollenstein in einer Linie zu sein. Eine spannende Linie, der ebenfalls für Tore gut ist. Von Ambühl und Hollenstein wird Leadership erwartet.

4. Sturmreihe
Andrighetto (24) – Trachsler (33) – Baltisberger (26)
Bei der vierten Linie wird’s bedeutend schwieriger und kann in viele Richtungen gehen. Auf der Center-Position habe ich Morris Trachsler aufgrund seiner Bullystärke Kevin Romy vorgezogen (Stichwort: Rollenspieler). Aufgrund der Balance zwischen 3. und 4. Linie ist hier Sven Andrighetto und nicht Kevin Fiala. Aufgrund seiner Schnelligkeit und Torgefährlichkeit sollte Andrighetto aber einen Platz im Team haben. Chris Baltisberger erhält meinen letzten Platz im Team. Als Rechtsausleger wird er anderen vorgezogen, da bis anhin bei den Stürmen nur Malgin ein Rechtsausleger ist.

Diese Stürmer kämpfen um die Plätze auf der Pressetribüne:
Martschini (25), Praplan (23), Romy (33), Suri (28), Vermin (26), Walker (31) und Bertschy (23).

"Prominente" Spieler, die hier fehlen oder die Auswahl knapp verpasst haben, sind Brunner (ein typischer „loves to win“, aber nicht „hates to lose“-Spieler – auf Deutsch nicht 1:1 perfekt übersetzt, heisst das Schönwetterspieler), Haas, Bieber, Hofmann, Schäppi, Richard, Walser und die Wieser-Schwester.

1. Verteidigungsreihe
Josi (27) – Diaz (32)
Enough said! Da gibt’s nichts zu rütteln. Roman Josi wird Captain sein. Raphael Diaz hat bei der letzten WM gezeigt, dass er im Nationalteam eine Hauptrolle einnehmen kann.

2. Verteidigungreihe
Furrer (32) – Sbisa (28)
Philipp Furrer und Luca Sbisa würde ich gegen die besten Spieler des Gegners matchen. Keine einfache Aufgabe, aber es sind die richtigen Spieler dazu.

3. Verteidigungsreihe
Müller (22) – Streit (40)
Junges aufstrebendes Talent und Routinier bzw. Vorzeigeprofi vereint – scheint ideal zu sein. Mark Streit wird nicht mehr über 20 Minuten pro Spiel bestreiten. Doch vor allem als Rollenspieler im Powerplay ist er auch mit 40 nicht wegzudenken. Mirco Müller hat alle Eigenschaften dazu sich zu einem soliden NHL-Verteidiger zu entwickeln.

4. Verteidigungsreihe:
Blum (31) – Weber (29)
Der starke puck-moving Verteidiger Eric Ray Blum sollte das Team schaffen, wie der routinierte Rollenspieler Yannick Weber, der vor allem im Powerplay seine Rolle ausspielen könnte.

Diese Verteidiger kämpfen um die Plätze auf der Pressetribüne:
Kukan (24), Marti (24), Rathgeb (22)

Torhüter
Berra (31)
Hiller (35)
Genoni (30)

Die einfachste Wahl und darüber hinaus der einzige Bereich, der nicht von der NHL-Spielerteilnahme abhängig ist, ist meiner Meinung nach die Torhüterposition. Sämtliche drei Torhüter, die ich wähle, werden nächste Saison in der Schweiz spielen, sofern nichts Aussergewöhnliches passiert.

Reto Berra ist meine Nummer 1 bzw. startet das Auftaktspiel. Bei den Torhütern weiss man ja nie so recht, wie das Selbstvertrauen und der Formzustand zum besagten Zeitpunkt sein wird. Der Routinier Jonas Hiller startet das zweite Spiel „and then you go from there“. Leonardo Genoni erhält von mir direkt den Platz auf der Pressetribüne und wird andere wie ein Tobias Stephan oder Robert Mayer ausstechen.

Von mir aus gesehen ein idealer Mix aus mehrheitlich jungen, schnellen und skilled Spieler mit Speed, die der Schweiz einen frischen und frechen Auftritt an den Olympischen Spielen in PyeongChang bescheren könnten.

HOPP SCHWIIZ!

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Das Olympia-Eishockeyturnier ein Jahr vor PyeongChang – mit oder ohne NHL-Spieler?

Heute in einem Jahr beginnt das Eishockeyturnier der Olympischen Spiele in PyeongChang. Noch wissen wir nicht, ob die NHL ihr Geschäft für drei Wochen unterbricht, damit ihre Spieler in Südkorea dabei sein können. Es sieht momentan überhaupt nicht gut aus und es bleiben nur noch wenige Wochen für eine Einigung. Das IOC rund um Präsident Thomas Bach möchte sie natürlich dabei haben. Allerdings sind sie nicht mehr gewillt eine Ausnahme zu machen und die Kosten – es geht hierbei um ca. 15 bis 20 Millionen Dollar v.a. für Spielerversicherungen, aber auch Reisekosten und Unterkunftskosten für die Spieler und ihr Entourage – zu übernehmen. Bei den letzten 5 Olympiaden (also seit 1998, als die NHL erstmals ihren Betreib für Olympia unterbrach) hat das IOC jeweils diese Kosten gedeckt. In die Bresche springt nun aber der IIHF mit Präsident René Fasel, der sich bereit erklärt hat diese Kosten zu übernehmen. Viele befürchten jedoch, dass das Geld zu Lasten von Ausbildungsprogrammen und Förderungsprojekte der Mitgliedverbände gehen wird, was Fasel aber dementiert. NHL-Chef Gary Bettman machte es schon früh klar, dass diese Kosten für die NHL ein Killerkriterium wären. Nun scheint aber die Kostenfrage geregelt zu sein. Warum klappt’s dann immer noch nicht?

Komplizierte Angelegenheit zwischen der NHL und NHLPA

Nun wird es aber kompliziert. Die Mehrheit der NHL-Klubbesitzer – es ist die Rede von 24 bis 26 (von 31) – sind gegen eine Beteiligung der NHL-Spieler an den Olympischen Spielen. Es geht einerseits um Geld (stellen Sie sich vor Ihr Betrieb lässt für drei Wochen alles fallen), andererseits aber um die Gesundheit der Spieler. Sie befürchten Verletzungen ihrer Top-Spieler (bspw. verletzte sich der beste Spieler der New York Islanders, John Tavares im 2014 und fiel für die restliche Saison komplett aus), aber sie sind auch besorgt um den komprimierten Spielplan der Meisterschaft. Diese zweieinhalb Wochen zusammen mit dem Bye-Week (5 Tage komplett frei, sogar ohne Trainingsbetrieb), das jedes NHL Team seit dieser Saison besitzt, bedeutet, dass die 82 Meisterschaftsspiele in noch weniger Tagen gespielt werden müssen. Was aber – ein wenig versteckt – das grösste Hindernis darstellt, ist (bereits jetzt) der neue Gewerkschaftsvertrag (Collective Bargaining Agreement (CBA)) zwischen der NHL und der Spielergewerkschaft (NHLPA), der ab der Saison 2022/23 fällig wäre: Die NHL möchte im Gegenzug, dass sie die Spieler für Olympia freigeben, einige ihrer Forderungen bei der NHLPA im neuen CBA durchsetzen. Dieser Standpunkt gestaltet sich als sehr heikel.

Gewisse NHL-Spieler werden gehen – Freigabe hin oder her

Die Spieler möchten aber um jeden Preis bei Olympia dabei sein. Eine kleine Minderheit, wie Alexander Ovechkin, gibt sich wortlaut. The Great 8 hat bereits im vergangenen Sommer im Rahmen des World Cup of Hockey in Toronto öffentlich bekannt gegeben, dass er bei den Olympischen Spielen dabei sein wird, egal wie sich die NHL entscheidet. Zudem hat er das Ok bei Capitals-Besitzer Ted Leonsis bereits abgeholt, der ihn ziehen lassen würde. Andere prominente Spieler, wie Sidney Crosby, Connor McDavid oder Jonathan Toews sind hingegen zu loyal zu ihren Klubs und sagen lediglich, dass sie gerne dabei sein würden ohne sich aber zu weit aus dem Fenster zu lehnen.
Falls es zu keiner Einigung kommt und die NHL ihren Betrieb für Olympia nicht unterbrechen sollte, aber gewisse Spieler wie Ovi trotzdem gehen würden, stünden gewisse NHL-Klubs vor gewaltigen Problemen. Ein Beispiel sei gesagt: Bleiben wir mal bei Washington, das ein Cap-Team ist (also den Salary Cap bis zum Maximum ausschöpft): Gehen wir davon aus, dass sie einigen Spielern wie Ovechkin, Backstrom und Kuznetsov die Freigabe an Olympia geben und müssen diese Spieler für drei Wochen ersetzen. Dazu hätten sie gar kein Cap Space, da die Spieler, die nach Südkorea gehen würden, immer noch täglich zum Salary Cap zählen würden.
Aber heben wir diese Diskussionen für ein nächstes Mal auf – spätestens dann, wenn es in einem Monat heissen würde, dass die NHL ihren Betrieb nicht unterbricht und die Spieler für die Olympischen Spiele nicht freigibt.

Fazit: Ohne NHL-Spieler ist das Olympia-Turnier nichts wert

Alles in allem sieht die Situation genau ein Jahr vor Beginn des Olympia-Eishockeyturniers nicht gut aus. Bob McKenzie, der bekannte TSN Hockey Insider, hat anfangs Woche wiederum mitgeteilt, dass er nicht daran glaubt, dass es zu einer Einigung kommen wird. Stellen Sie sich ein Olympia-Eishockeyturnier ohne NHL-Spieler vor... Nach fünf erfolgreichen und spannenden Austragungen mit den NHL-Spielern! Ausser den kleinen Nationen, die – wahrscheinlich zu Unrecht – Hoffnung schöpfen, wird keiner hinschauen. Ein kanadisches Olympia-Team mit David McIntyre vom EV Zug, Dustin Jeffrey von Lausanne HC, Cory Emmerton von Ambrì oder Maxim Noreau vom SC Bern? Welch Desaster!!  Auch die Schweizer Nationalmannschaft wäre nicht mal halb so spannend zu verfolgen. Und alle, die sich Hoffnungen machen, dass die Schweizer Nationalmannschaft grössere Chancen auf eine Medaille haben bei Nicht-Partizipation der NHL-Spieler: Seit 1948 hat die Schweiz keine Medaille gewinnen können.
In einem Monat sollten wir wissen, ob die NHL-Spieler dabei sein werden oder nicht. Für den Zuschauer ist es ein absolutes Muss. Es bleibt zu hoffen, dass eine Partei nachgibt und die besten Spieler der Welt am besten Turnier der Welt dabei sein werden. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

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Im nächsten Artikel geht es über die mögliche Aufstellung der Schweizer an den Olympischen Spielen vom nächsten Jahr. Da ich davon ausgehe, dass sich die NHL und NHLPA in letzter Sekunde irgendwie einigen können, werde ich die Aufstellung inkl. der Spieler in Übersee vornehmen. 


Dienstag, 18. Oktober 2016

EV Zug: Ist die Vertragsverlängerung mit dem 30-jährigen Fabian Schnyder noch zeitgemäss?

Der EV Zug hat heute die Vertragsverlängerung von Fabian Schnyder bekannt gegeben. Der ehemalige Zuger Captain wird den Zentralschweizern bis zum Ende der Saison 2019/20 erhalten bleiben. Zu diesem Zeitpunkt wird der 175 cm kleine und 75 kg leichte Flügelstürmer 34 Jahre alt sein. Schnyder spielt mittlerweile in seiner 14. NLA-Saison, die er allesamt mit dem EVZ bestritten hat. Seine Rolle hat sich über die Jahre verändert. 


Seinen Zenit hatte er von 2009 bis 2012 in der 1. Linie mit Josh Holden und Damien Brunner erreicht. Seither ist er in der „Depth Chart“ durchgereicht worden und spielt aktuell in der vierten Linie mit Nolan Diem und Emanuel Peter. Noch immer nimmt Schnyder aber mit 1:51 Eiszeit pro Spiel eine wichtige Rolle im Boxplay der Zuger ein. Sein Tempo ist sein wichtigstes Gut und momentan reicht dieses (noch) für einen Stammplatz aus.

Vergangene Vertragsverlängerungen

Sein Hoch damals als 24-jähriger in der 1. Linie hat er im Januar 2010 ausgenutzt, um bei den Zugern einen langfristigen – für einen Rollenspieler sehr gut dotierten – Fünfjahresvertrag bis 2015 zu unterzeichnen. In einer Baisse im Dezember 2012 bei 3 Toren und 3 Assists nach 25 Saisonspielen verlängerte Schnyder als Captain vorzeitig bis 2018. Nun erfüllt er die Rolle eines Viertlinienstürmers mit nur wenig Eiszeit: Bei den Zuger Stammspielern im Sturm erhalten lediglich Sandro Zangger (11:25) und Emanuel Peter (9:25) weniger Eiszeit als Schnyder (12:01).

Vertrag bis 34 für Viertlinien-Rollenspieler...

Bei allem Respekt für Fabian Schnyder: Eine Vertragsverlängerung mit einem Rollenspieler in der vierten Linie bis ins 35. Altersjahr muss skeptisch betrachtet werden. Vor allem in der heutigen Hockeywelt, bei der bspw. in der aktuellen NHL-Saison die Teams mit einer Jugendbewegung auftrumpfen und ältere, teils arrivierte Spieler ohne NHL-Vertrag auskommen mussten. Klar spielen gewisse Faktoren (bspw. Entry-Level Contracts in einer Salary Cap-Welt) in der NHL eine bedeutende Rolle, aber trotzdem darf man in den nächsten Jahren auch in der Schweizer National League A in grösserem Stile eine solche Jugendbewegung erwarten. Der ZSC praktiziert dies seit Jahren mit Erfolg. Dass der eigentlich sonst smarte Zuger Sportchef Reto Kläy auf der EVZ-Homepage sich zitieren lässt, dass Fabian Schnyder sich mit 30 Jahren im besten Alter befindet, tönt nach einer Aussage aus vergangenen Tagen. Klar ist er ein erfahrener, führungsstarker Spieler und ist beliebt in der Garderobe. Aber auch bei solchen Spielern muss ein Sportchef den richtigen „Absprung“ finden.

...in einem Verein mit super Ausbildungskonzept

Das grossartige Zuger Ausbildungsmodell mit der Academy und dem neuen NLB-Team liess eigentlich hoffen, dass solche unnötigen Vertragsverlängerungen der Vergangenheit angehörten und Nachwuchsspieler, wie früher zu besten Zuger Ausbildungszeiten, den Sprung via vierte Linie und Rollenspieler in die 1. Mannschaft integriert werden. Nicht jeder Junior ist so talentiert wie Lino Martschini, der es auf Anhieb in die vorderen Sturmreihen schaffte.

Für gewisse Stürmer mit Potential wird's eng

Da die Zuger natürlich gewisse Nachwuchsspieler auf die neue Saison hin ins Fanionteam aufnehmen möchten, könnte es nach der Verlängerung mit Schnyder für gewisse Stürmer, wie Sven Senteler (24), Dominic Lammer (24) oder Sandro Zangger (22), bei denen der Vertrag Ende Saison auslaufen, eng werden - was eigentlich genau nicht sein sollte. Bei diesen jungen Spielern ist das Potential eines überdurchschnittlichen bis guten NLA-Spielers vorhanden. Es wäre eine Überraschung, wenn Kläy alle drei Spieler halten könnte. Die Plätze im Sturm sind einfach limitiert und auch andere Vereine klopfen bei solch talentierten Spielern an und versprechen ihnen eine bessere und gut dotierte Zukunft. Emanuel Peter (32) und Marc Marchon (21), der sich nicht wie gewünscht entwickelt hat, werden die Koffer packen müssen.

Es sind auch nach der Vertragsverlängerung von Fabian Schnyder also zumindest zwei der 13 Stürmerplätze für junge Spieler noch offen, obwohl bestimmt auch ein junger Spieler in die spielerische Rolle von Schnyder hätte einspringen können.


Mittwoch, 6. Januar 2016

U20-WM: Das Desinteresse der Schweiz am zweitbesten und vielleicht spektakulärsten Eishockeyturnier

Die U20-WM ging gestern mit einem weiteren spektakulären Spiel zu Ende. Der Finne Kasperi Kapanen machte das, wovon die meisten Eishockeyaner im Kindesalter träumen und beim Spielen jeweils mehrfach imitieren: Kapanen schoss vor eigenem Publikum den entscheidenden, goldbringenden Treffer in der Verlängerung zum 4:3-Sieg gegen Russland. Diese Szene ist vergleichbar mit dem Golden Goal von Sidney Crosby an den Olympischen Spielen in Vancouver 2010, da sowohl Kanada, als auch die Finnische U20 in der letzten Minute der regulären Spielzeit den Ausgleich hinnehmen mussten. Mittlerweile ist die U20-WM zum zweitwichtigsten und zweitbesten Eishockeyturnier überhaupt aufgestiegen. An 10 Spieltagen strömten über 215‘000 Fans in die beiden Arenen in Helsinki, was einen Schnitt von über 7‘000 pro Spiel bedeutete. Ein europäischer U20-WM Rekord. Der Weltrekord wurde 2012 in Calgary und Edmonton erreicht, als über 450‘000 Fans die U20-WM besuchten – einen sagenhaften Schnitt von 14‘688 pro Spiel. Man muss sich das vorstellen: Im damaligen Relegationsspiel der Schweiz gegen Dänemark wohnten der eigentlich für Kanadier unbedeutenden und wenig spektakulären Affiche über 9‘000 (!) Zuschauer bei. Im Gruppenspiel gegen Lettland 13‘666 (!) und gegen Russland sogar 15‘390! Aufgrund dieses enormen Interesses in Kanada wird die U20-WM vorläufig bis 2022 alle zwei Jahre in Kanada stattfinden. Besonders für die Spieler der kleineren Nationen, die sich in diesem Alter nicht gewohnt sind vor einer grossen Zuschauerkulisse zu spielen ein grandioses Erlebnis und die beste Motivation über sich hinaus zu wachsen.

Probleme fangen beim eigenen Verband an
In der Schweiz werden nicht mal die Schweizer Spiele an der U20-WM am Fernsehen ausgestrahlt. Das Schweizer Fernsehen überträgt zu dieser Zeit, zumindest in der ersten Hälfte des U20-Turniers, ein Grümpelturnier, den Spengler Cup und bestimmt damit die Agenda der Schweizer Eishockeyfans zwischen Weihnachten und Neujahr. Der Skandal im November, als der Schweizer U20-Coach John Fust anstatt seinem U20-Team den letzten Schliff für die U20-WM zu geben, die A-Nati am unbedeutenden Deutschland-Cup führen musste, zeigt, dass nicht mal der Schweizerische Eishockeyverband die eigene U20-Mannschaft und somit die U20-WM ernst nimmt. Wie sollen denn die Schweizer Eishockeyfans das Turnier ernst nehmen? Ob die Absage von Kevin Fiala – der von seiner Organisation, der Nashville Predators, zwar die Freigabe erhielt, sich aber gegen die U20-WM entschied – einen Zusammenhang mit der Situation im Verband hat, bleibt sein Geheimnis. Spieler von anderen Nationen in ähnlichen Situationen wie Fiala, u.a. David Pastrnak (CZE, Boston Bruins), Jake Virtanen (CAN, Vancouver Canucks) oder auch der Finalheld Kaspari Kapanen (FIN, Toronto Maple Leafs) drängten ihre Klubs regelrecht, damit sie an der U20-WM dabei sein konnten.

U20-WM erst- und letztmals 1998 in der Schweiz
Kapanen kehrt nun als Held nach Nordamerika zurück und wird mit diesem Erlebnis im Rücken ausserordentlich gestärkt an seinem Ziel NHL weiterarbeiten können. In Finnland schauten sich 1.93 Mio. Zuschauer im Schnitt die Finalpartie am finnischen Fernsehen an. Der Spitzenwert betrug 2.4 Mio. Zuschauer: Das sind über 40% (!!) der gesamten finnischen Bevölkerung, die sich den Final an einem Dienstagabend anschauten! Wahnsinn!
Nach dem Erlebten der letzten zwei Wochen in Helsinki, diese Identifikation mit ihrem Team, diese Euphorie und diese Begeisterung muss es das Ziel des Schweizer Verbands sein so rasch als möglich die U20-WM in die Schweiz zu holen. Allerdings ist dies erst für 2023 möglich. Übrigens: In der 36-jährigen U20-WM Geschichte fand die U20-WM das letzte und einzige Mal 1997 in der Schweiz statt. Genf und Morges waren die Austragungsorte. Damit die Schweizer U20-Mannschaft die nötige Anerkennung findet, die sie verdient, benötigt das Land nicht nur eine Heim-WM, sondern ebenfalls ein Erfolgserlebnis dabei, damit die Euphorie und die Begeisterung für die U20-Mannschaft entfacht werden kann. Bis dahin können wir einfach hoffen, dass das Schweizer U20-Team nicht in die B-Gruppe abgestiegen ist. Sollte die Schweizer U20-Auswahl in den kommenden Jahren uns alle überraschen und wie in 1998 Bronze holen: Die wenigsten Fans könnten diesen Erfolg einordnen.

Verband in der Pflicht
Unsere Zukunft bzw. unsere zukünftigen Schweizer Aushängeschilder – sei es in der NHL, in der NL A oder in der Schweizer Nationalmannschaft – hätten es mehr als verdient, wenn der eigene Verband, das Fernsehen und schlussendlich die Eishockeyfans den besten Talenten des Landes mehr Beachtung schenken würden. Nur dann könnten wir davon träumen, dass das finnische Märchen auch mal in der Schweiz realisierbar wäre.


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Montag, 7. September 2015

National League A: Die Statistik im Schweizer Eishockey - bis heute auf dem Stand des letzten Jahrhunderts

„Ab der Saison 2015/2016 können Eishockeyfans mithilfe von SAP-Analyse-Tools Eishockeystatistiken verfolgen.“

Mit diesem Satz kündigte der schweizerische Eishockeyverband die Zusammenarbeit mit dem neuen Partner an, der im Bereich Statistik und Analytik das Schweizer Eishockey auf Vordermann bringen sollte. Die Erwartungen sind sehr hoch. Wie dies im Genauen ausschauen wird, wird sich spätestens nach dem ersten Saisonspiel zeigen. Man darf also gespannt sein, ob die selbsternannte beste Liga Europas, die National League A, endlich den Schritt ins 21. Jahrhundert machen wird – zumindest was die Statistik anbelangt (die Analytik wäre der nächste grosse Schritt). Wie eine professionelle Statistik ausserhalb der NHL ausschaut, sieht man anhand der schwedischen Liga (SHL):

Zumindest auf diesem Level sollte sich die Schweizer Liga kommende Saison bewegen. Alles andere wäre ein Stillstand bzw. eine Fehlaussage des Verbands.
Wenn man bedenkt, dass der gleiche Partner ab der kommenden Saison eine langjährige Partnerschaft mit der NHL eingehen wird und auch dort in der Statistik und Analytik aktiv sein wird, muss dies auf jeden Fall möglich sein.

Zuverlässige Daten sind äusserst wichtig

Allerdings bedarf es nicht nur die Einführung gewisser Kategorien – viel wichtiger ist eine genaue Messung der Daten, damit man sich auf die Qualität der Daten verlassen kann. Dies erfordert jedoch, dass die Statistiker, welche diese Daten erheben, auch richtig geschult werden und das Selbe bzw. die selbe Situation gleich messen. Bspw. bei einem Bully, bei dem im ersten Moment nicht klar ist, wer es für sich entscheidet. Da muss Konsens und das richtige Gespür vorhanden sein, sonst hat man zwar x-professionelle Kategorien, von welchen aber die Daten unterschiedlich erhoben wurden und somit nicht brauchbar sind. Hier lohnt sich eine Investition, um kompetente Statistiker zu schulen und somit eine saubere Datenqualität hinzubekommen. 

Die Aussage von Willy Vögtlin vom Verband

Vor allem, wenn man solche Aussagen hören muss: Willy Vögtlin, Verbandsangestellter, hat mir vor zwei oder drei Jahren allen Ernstes versucht zu überzeugen, dass ein Ersatztorhüter, der nicht zum Einsatz kommt, in der Statistik „Spiele“ ebenfalls als Spiel notiert wird. So wurde es dazumal auch tatsächlich auf der offiziellen Seite der Liga geführt. Sprich: wenn ein Torhüter #1 alle 50 Meisterschaftsspiele komplett bestritt und der Torhüter #2 keine einzige Einsatzminute in einer Saison aufwies, aber immer auf der Ersatzbank sass, beiden gleich viele Spiele in der Statistik notiert wurden, nämlich 50 Spiele… (!) Katastrophe! Immerhin konnte jemand Vögtlin davon wegbringen. Dies wurde in der Zwischenzeit angepasst und wird nun richtig geführt.
Ob der Verband nun einen grossen Pool an kompetente Statistiker für die Erhebung der verschiedensten Statistiken schulen wird, wage ich zu bezweifeln. Daher gehe ich davon aus, dass wir auch in der kommenden Saison nicht sehen können, wer in der NL A bspw. der beste Bullyspieler in der defensiven Zone ist, wer am meisten erste Assists im Powerplay erzielt oder welcher Torhüter die beste Fangquote im Unterzahl aufweist. Ihr geht mit mir einig: diese Daten wären relativ einfach zu erheben.

SHL als Vorbild

Ich hoffe trotzdem, dass ich positiv überrascht werde und wir in der kommenden Saison auf die selbe Stufe kommen, wie die schwedische SHL. Die SHL ist in dieser Hinsicht sehr fit und befindet sich aus Statistik-Sicht auf einer ähnlichen Stufe wie die NHL. Wie zuverlässig die Messungen sind, kann ich aber nicht beurteilen. Gegenüber der SHL steckt die Schweiz dagegen statistikmässig in den Kinderschuhen, analytikmässig ist öffentlich noch gar nichts zu sehen. In wie weit die Analytik öffentlich in Schweden fortgeschritten ist, entzieht sich ebenfalls meinen Kenntnissen. Ich gehe bei uns in der Schweiz aber davon aus, dass zumindest eine leise Analytik bei den Clubs betrieben wird. Hier sollte der Einfluss der NHL-erfahrenen Trainer wie Marc Crawford gross sein. Dieser Analytik-Berich sollte bzw. muss sich in naher Zukunft professionalisieren. Dies bringt nicht nur die Schweizer Clubs einen Schritt weiter, sondern das ganze Schweizer Eishockey würde - auch hinsichtlich der internationalen Turniere (WM, Olympia) - davon profitieren.
In der NHL hat sich die Analytik in den letzten Jahren nach Jahren der Unsicherheit (die Daten wurden von „professionellen Amateuren“ zwar erhoben, aber nicht wirklich einer grossen Beachtung geschenkt) verankert und nimmt mittlerweile eine grosse Stellung bei den Clubs ein. Auch personalmässig wurde aufgestockt und teaminterne Analytik-Spezialisten rekrutiert. Die überaus ausführlichen Statistiken in der NHL bilden die Basis der Analytik. Corsi, Fenwick oder Zone Entries sind nicht mehr nur Modewörter bei den Coaches, sondern Bestandteil des Coachings.

Beispiele

In der Schweiz sucht man aber bei der Basis vergeblich um zahlreiche banale Werte:

1. Beispiel: Anzahl Siege eines Torhüters.

Wie simpel… Ein weiser nordamerikanischer Eishockeyfachmann hat mal gesagt: „Der beste NHL-Torhüter einer jeden Saison ist jener, welcher am meisten Meisterschaftssiege aufweisen kann. Der beste NHL-Torhüter der Playoffs ist jener, welcher am Schluss den Stanley Cup in die Höhe stemmt.“ Ich würde nicht so weit gehen, denn allgemein gilt, dass Carey Price und Henrik Lundqvist aktuell die besten Torhüter der Welt sind. Siehe da – bezüglich der Meisterschaft stimmt die oben genannte Aussage: Price gewann am meisten Spiele. Auf die Playoffs bezogen waren es Ben Bishop und Corey Crawford, welche die meisten Siege aufweisen konnten. Sehr gute Torhüter, aber nicht auf der gleichen Stufe wie Price und Lundqvist.
Kommen wir zurück in die Schweiz: diese einfache und zugleich äusserst bedeutende Statistik ist nirgends auf der Liga-Seite zu finden (!).


2. Beispiel: Anzahl Shutouts eines Torhüters

Ein weiterer Wert, der in der Schweiz nicht zu finden ist und zwingend standardmässig in eine Goalie-Statistik integriert sein muss.

3. Beispiel: Tore (und Assists) im Überzahl

Die Powerplay-Spezialisten der Schweiz werden in der Schweiz Spezialisten genannt, nur schon weil sie vom Coach im Überzahlspiel eingesetzt werden. Doch die wahren Könner in dieser Kategorie der Special Teams sind jene die punkten. Hierfür gibt’s keine (öffentliche) Dokumentation.

4. Beispiel: Shootout-Spezialisten

Wer kennt den effizientesten Penalty-Schützen seines Lieblingsvereins?

5. Beispiel: Hits und Blocked Shots

Wer gehört zu den am härtesten spielenden Akteuren der Schweizer Liga? War es Timo Helbling in der letzten Saison, weil er am meisten Strafminuten kassierte? Dies wäre keine gute Folgerung. Die Kategorie Hits, also korrekte Checks, würde einen Hinweis auf die Härte machen. Bei den blockierten Schüssen würde man zudem eine Tendenz sehen, welcher Verteidiger in der eigenen Zone einen guten Job macht. Nicht, dass dieser Wert den besten Verteidiger auszeichnen würde. Doch einen guten Hinweis auf das Gesamtpaket eines Spielers gibt diese Statistik alleweil ab.

6. Beispiel: Faceoff-Statistiken

Wie bereits erwähnt: die Faceoff-Statistiken findet man nirgends, obwohl alle Teams dies intern zur Ermittlung ihrer Bully-Spieler benötigen. Sowohl in der offensiven als auch in der defensiven Zone (teamintern ebenfalls links und rechts): diese sind von grosser Bedeutung. Bullygewinn gleich Puckbesitz. Wie wichtig die Faceoffs sind, zeigt sich am besten im Über- und Unterzahlspiel.

7. Beispiel: Time On Ice per game

Im Jahr 2015 längst nicht mehr etwas Weltbewegendes, sondern gehört für mich zum Standard. Genug gesagt.

Fazit

Wenn dann einmal diese Basis errichtet ist, können wir in der Schweiz den nächsten Schritt zur Analytik wagen. Doch ohne eine zuverlässige und ausführliche Basis mit den vielen verschiedenen Kategorien der Statistik bleibt uns in vielen Fällen nichts anders übrig, als zu warten bis die selbsternannte beste Liga ausserhalb der NHL mit ihrem neuen Partner die nächsten Schritte angeht. Ob die National League A in Zusammenarbeit mit dem neuen Partner auf die kommende Saison 2015/16 mit einer ähnlichen Palette an Statistiken wie die SHL auffährt, wage ich zu bezweifeln. Doch lasse ich mich zumindest einmal vom Verband positiv überraschen. Es wäre enorm wichtig für den nächsten Schritt der Analytik und daher auch für die Zukunft des gesamten Schweizer Eishockeys. Es bleibt zu hoffen, dass Corsi, Fenwick oder Zone Entries auch in der Schweiz schon bald mal salonfähig werden, damit wir hier den internationalen Anschluss nicht verpassen.


Weiterführende Artikel:

Ein kürzlich erschienener Artikel zum Thema Analytik bzw. eine Analyse davon:
http://www.tsn.ca/talent/how-analytics-forecast-future-success-and-failure-1.355108

Hier eine Übersicht von möglichen Kategorien der Analytik:
http://war-on-ice.com/glossary.html

Eine etwas veraltete Analyse unserer Schweizer Verteidiger in der NHL. Hier sieht man, in welche Richtung die Analytik gehen kann und welche Erkenntnisse man u.a. gewinnen kann:
http://www.emptynet.ch/2014/06/20/wie-gut-sind-die-schweizer-verteidiger-wirklich/#more-214


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Bemerkung: Als Grundlage dieses Artikels wurde die Ligaseite auf der Verbandshomepage (www.sihf.ch) verwendet. Die vielen anderen Anbieter wie bspw. www.eliteprospects.com oder www.hockeyfans.ch, die zum Teil detailliertere Statistiken abbilden, wie die offizielle Ligaseite, wurden nicht berücksichtigt.