Montag, 31. August 2015

EV Zug Vorschau 2015/16 Teil 2 - Fehlen diese Komponenten für den Schweizer Meister Titel? Interessante Vergleiche mit anderen NL A und NHL Teams

Nach der Analyse der Sommeraktivitäten, Zuzügen, Abgängen, der geschlossenen Akte Lino Martschini und der noch pendenten Akte Josh Holden im letzten Bericht, komme ich zu einer interessanten Analyse des aktuellen Kaders vom EV Zug. Sind es diese Erkenntnisse, welche die Zuger momentan davon abhalten, den ganz grossen Coup zu erreichen, sprich den zweiten Meistertitel ihrer Geschichte?

Neue Ära dank neuen Regeln im 2005

2005 wurde in der NHL eine neue Ära eingeläutet: die NHL wollte die Gelegenheit der Lockout-Saison 2004/05 dazu nutzen, das Spiel interessanter, spannender und schneller zu gestalten. Sie wollte, dass die „skilled players“ ihre Fähigkeiten auch nutzen konnten, indem sie die Null-Toleranz Regel einführten und das „clutching and grabbing“ eliminierten. Zudem hoben sie die rote Linie auf, öffneten somit das Eis und bewirkten so, dass das Spiel schneller wurde. Dies führte zu mehr Toren und einem grösseren Unterhaltungswert. Diese Änderungen hatte aber auch Konsequenzen für gewisse Spielertypen: vor allem für schlittschuhläuferisch schwache Spieler, die ihre Schwäche durch geschicktes Eingreifen beim Gegenspieler kaschieren konnten, hatten zunehmends einen schweren Stand. Dies galt vor allem für die grossen und schweren Verteidigern, bei dem es früher aufgrund der toleranten Regeln fast kein Durchkommen gab. Im modernen Eishockey mit der Null-Toleranz-Regel verschwand dieser Spielertyp und dadurch erhielten auch kleingewachsene, wirblige und vor allem schnelle Akteure in der besten Liga der Welt eine bessere Chance.

Das Nonplus-Ultra eines modernen NHL-Spielers ist trotzdem eine gute Grösse, ein robuster und für 82 Meisterschaftsspiele plus Playoffs (daher auch gutes Gewicht) ausdauernder Körper und super Schlittschuhfähigkeiten. Besonders in den Playoffs, in denen es nochmals intensiver wird, sind diese Attribute von enormem Vorteil.

Die Zuger „Smurfs“

Wie wir im Folgenden sehen werden, sind die Zuger die „Smurfs“ der National League A. Dieser Ausdruck wurde vor ein paar Saisons von Journalisten für die Montreal Canadiens in der NHL verwendet, da sie ein enorm kleines und leichtgewichtiges Kader stellten. Diese physische Unterlegenheit ist – wie wir sehen werden – trotz der neuen Eishockey-Regeln und der neuen Dynamik ein nicht zu unterschätzender Faktor, auch bei uns in der National League A auf dem Weg zum Schweizer Meistertitel.

Bevor ich zu den Vergleichen komme, hier zunächst die Übersicht des Zuger Kaders, unterteilt nach Torhüter, Verteidigung und Stürmer. Beim Alter ist der Stichtag das erste Meisterschaftsspiel am 11. September 2015:


Übersicht Torhüter

 




Übersicht Verteidigung

















Übersicht Stürmer






















Dies ergibt bei der Mannschaft des EV Zug folgende Durchschnitte für die Saison 2015/16:

  • Alter: 25.9 Jahre
  • Grösse: 180.4 cm
  • Gewicht: 83.3 kg
Zug konstant an letzter Stelle in zwei Kategorien

Im Vergleich zu den anderen Teams der National League A stellt der EV Zug in der kommenden Saison die drittjüngste Mannschaft. Mit durchschnittlich 28.6 Jahren hat Lausanne das älteste und der HCD mit 24.0 Jahre das jüngste Team der Schweiz. Da liegt Zug also mit dem jungen Team gut auf Kurs in Richtung des Aufbaus einer Meistermannschaft. Diese Statistik ist für meine Analyse allerdings nicht von (grosser) Bedeutung. 

Das Durchschnittsalter der NL A Clubs von der Saison 2014/15 und 2015/16
(Stand: Beginn 1. Saisonspiel)
Allerdings kommen die Kolinstädter sowohl in der Sparte Grösse und Gewicht ganz schlecht weg. In beiden Kategorien nehmen sie in der Schweizer Liga das Schlusslicht ein - wie bereits in der letzten Saison. Auffallend ist, dass die playoff-starken Teams der letzten Saison Davos, Genf-Servette und ZSC ganz vorne in diesen Statistiken liegen. Was weiter auffällt, ist, dass Playoff-Finalisten Davos und ZSC auf die kommende Saison hin bei der Grösse noch weiter zugelegt haben: das grösste Team stellt der amtierende Schweizer Meister HC Davos mit einer Durchschnittsgrösse von 186.1 cm, vor Genf-Servette mit 184.8 cm und den ZSC Lions mit 183.5 cm.

Die Körpergrösse in der NL A von der letzten und der kommenden Saison (Stand: 27.08.2015)

Beim Gewicht sieht es ähnlich aus: nicht ganz überraschend steht Chris McSorley’s Genf-Servette auch hier sowohl in der letzten, als auch der kommenden Saison sehr weit oben. Das selbe gilt wiederum für den Playoff-Finalisten ZSC Lions und Schweizer Meister HC Davos. Augenfällig ist, dass der HCD auch in dieser Kategorie auf die neue Saison zulegen konnte.

Das durchschnittliche Gewicht nach Teams von 2014/15 und 2015/16 (Stand: 27.08.2015)

Der EV Zug liegt also nicht nur in diesen beiden Kategorien an letzter Stelle – gewaltig ist auch der Unterschied zum HC Davos: durchschnittlich fehlen fast 6 cm Körpergrösse und 6 kg Gewicht in der kommenden Meisterschaft gegenüber dem amtierenden Meister. Während Zug gegenüber der letzten Saison in beiden Bereichen "schrumpfte", legte Davos nochmals zu. Diese Tendenz führt mich zu meiner Hypothese bzw. Forecast, dass der EV Zug in einer allfälligen erneuten Playoff-Serie gegen den HC Davos aufgrund der physischen Unterlegenheit wiederum das Nachsehen haben wird.

NL A vs. NHL

Wenn man rein die durchschnittliche Körpergrösse und Gewicht anschaut, "stellen" lediglich zwei National League A Clubs ein NHL-Team: der HC Davos und Genf-Servette. Denn die Bandbreite bezüglich der Grösse liegt in der kommenden NHL-Saison (Stand: 27.08.2015) durchschnittlich zwischen 184.0 cm (Carolina Hurricanes) und 188.3 cm (Winnipeg Jets). Beim Gewicht liegt der Range zwischen 88.2 kg (Calgary Flames) bis 94.8 kg (Winnipeg Jets). Das weniger wesentliche Altersdurchschnitt liegt bei 25.8 (Tampa Bay Lightning bis 28.5 Jahre (Detroit Red Wings).
Ich würde nun aber mein Geld nicht auf die Winnipeg Jets setzen, um den Stanley Cup zu gewinnen... 

Fazit

Ich möchte die Körpergrösse und das Gewicht weder über- noch unterbewerten. Allerdings zeigen diese Erkenntnisse ziemlich signifikant, dass in unserer National League A diese Eigenschaften zum (Playoff-) Erfolg führen. Daher muss meiner Ansicht nach das Zuger Publikum noch sicher diese Saison abwarten, bis die Lammers und Ernis der dritten oder vierten Linie durch grösser gewachsene, robuste Spieler ersetzt werden, um auch in den Playoffs sehr weit zu kommen. Gerade deshalb habe ich im letzten Bericht erwähnt, dass Lammer und Erni, evtl. auch Alatalo (aber nur wenn Lüthi wieder zurück ist) als „Trade Bait“ gelten. Das Zuger Management um Sportchef Reto Kläy sollte klug und erfahren genug sein, um diesen Erkenntnissen entgegenzuwirken, um das entscheidende bzw. die entscheidenden Puzzle-Teile beim Bau der Meistermannschaft zu finden. Das Schweizer Grundgerüst mit Stephan im Tor, Grossmann und Schlumpf in der Verteidigung und Bürgler, Martschini und Suri im Sturm steht. Nun gilt es nebst den idealen Ausländern auch die entscheidenden Rollen-Spieler zu finden, um nach 1998 den "Chübel" wieder in die Kolinstadt zu bringen.


Follow me on Twitter: @HNISwitzerland

Mittwoch, 26. August 2015

EV Zug Vorschau 2015/16 Teil 1 - Die Sommeraktivitäten, diverse Akten und die möglichen Linienzusammensetzungen

Nach dem aus Zuger Sicht äusserst ärgerlichen Out im Playoff-Viertelfinale gegen den HC Davos – die Verletzung von Tobias Stephan als Killer – wird der EV Zug am 11. September beim ersten Meisterschaftsspiel auswärts gegen den HC Lugano nicht gross verändert in die neue Saison starten. Dies kann nun positiv oder negativ ausgelegt werden.

Zum Positiven: CEO Patrick Lengwiler verfolgt seit Jahren einen akribischen Plan, um die (hässliche) Meistertrophäe nach 1998 wieder in die Kolinstadt zu bringen. Der äusserst schlaue Manager hat mit Reto Kläy einen sehr kompetenten Sportchef zur Seite, der nun seit etwas über einem Jahr die Fäden bezüglich Teamzusammensetzung in der Hand hält und erfolgreich am Masterplan der Zuger arbeitet. Ausgangs der letzten Saison habe ich es erwähnt: die wichtigste Personalie – sogar wichtiger als der neue ausländische Center als Nachfolger von Robbie Earl – war die Akte Lino Martschini und diese hat Kläy mit Bravour gemeistert.

Lino Martschini hier im (potthässlichen) Nationalmannschaftstrikot

Der neue Vertrag mit dem besten Schweizer Scorer der vergangenen Meisterschaftssaison läuft bis Ende der Saison 2019/20. Der sehr gut dotierte und langfristige Vertrag ist ein klares Zeichen der Zuger, dass sie es mit dem Meistertitel in den nächsten Jahren ernst meinen.

Grundgerüst für eine Meistermannschaft steht

Nach den Verpflichtungen von Tobias Stephan auf der wichtigsten Position im Eishockey, den Verteidigern Robin Grossmann und Dominik Schlumpf und dem Stürmer Dario Bürgler plus den Verlängerungen mit Reto Suri und nun auch Lino Martschini steht das Grundgerüst der Schweizer Spieler für eine lange Playoffreise. Was es für den Titel braucht, sind die idealen Ausländer und Rollenspieler, welche diesen Kern ergänzt. Ob es in der aktuellen Formation für den Meistertitel in der kommenden Saison reicht, wage ich zu bezweifeln. Im Eishockey ist allerdings vieles möglich, besonders wenn man über einen derart exzellenten Rückhalt wie Tobias Stephan in den eigenen Reihen verfügt.

Akte Josh Holden

Eine nicht zu unterschätzende, evtl. entscheidende Komponente wie erfolgreich die Zuger Saison ausfällt, ist der Einbürgerungsprozess von Josh Holden. Der Leitwolf, der seine besten Jahre hinter sich hat, obwohl er letzte Saison eine Art zweiten Frühling erlebte, wird im Januar 38 Jahre alt. Sollte der Kanadier, wie man munkelt, noch vor den Playoffs Schweizer werden, kann sich Sportchef Reto Kläy die Hände reiben und einen zusätzlichen Ausländer für die Playoffs verpflichten. Das gäbe aus Zuger Sicht eine zusätzliche Stärkung für die bottom 6 hinsichtlich der Playoffs.

Modifikationen im Team

Zum Negativen bzw. weniger Positiven, wie man es auslegen will: die Ausgabe 2015/16 der Zuger hat sich gegenüber der letzten Saison nicht gross verändert. Auf der 2. Torhüterposition ersetzt Noël Bader vom eigenen Nachwuchs Gianluca Hauser. In der Verteidigung bleibt alles bestehen, ausser an 10. Stelle der Depth Chart: der von der Hockey Academy ausgebildete Livio Stadler wird vielleicht schon in dieser Saison National League Luft schnuppern können, wird jedoch bei den Elite Junioren eine grosse Rolle einnehmen. Im Sturm positiv zu bewerten ist die Akquise vom starken Zweiweg-Center Jarkko Immonen, der den fleissigen Scorer Robbie Earl ersetzt. Dies ist deshalb als Upgrade zu bewerten, da Immonen ein natürlicher Center ist, der defensiv sehr zuverlässig arbeitet und nach vorne seine gute Übersicht ausspielen kann. 

Sportchef Reto Kläy begrüsst Jarkko Immonen beim EV Zug
Zudem ist er ein überdurchschnittlicher Faceoff-Mann. Man weiss zwar nie, wie sich ein Spieler in einer neuen Mannschaft oder in diesem Falle gar einer neuen Liga akklimatisiert. Aber eine erste Linie mit Pierre-Marc Bouchard, Jarkko Immonen und Dario Bürgler hat das Potential, um für Spektakel zu sorgen. Weiter wurde Fabian Sutter unspektakulär mit dem zwei Jahre jüngeren Emanuel Peter ersetzt. Peter bringt mehr Wasserverdrängung mit und ist ein besserer Bully-Spieler. Sutter, der aufgrund von Holden’s Verletzung zeitweise in der ersten Linie spielte, aber dabei sehr blass blieb, brachte die Zuger Fans öfters an den Rand der Verzweiflung. Der Platz als Drittliniencenter werden sich Peter und der junge Nolan Diem unter sich ausmachen. Diem, der beste Faceoff-Spieler der Zuger, wurde in den Playoffs etwas fest gehyped und aus meiner Sicht überschätzt. Er wird nichtsdestotrotz hoffentlich in der kommenden Saison weiter reifen und in der Rolle als Center in der 3. Linie wachsen. Vermisst in der „bottom six“ wird sicherlich Fabrice Herzog. Mit 9 Punkten zeigte Herzog zwar nicht gerade grosse Scorerqualitäten, aber sein unermüdlicher Einsatz, sein körperbetontes Spiel und seine Checks wird Zug vermissen. An seiner Stelle tritt Nicolas Thibaudeau.
Zudem wurden Marc Marchon und Dominik Volejnicek, wie Stadler ebenfalls von der Hockey Academy, ins Team aufgenommen.

So könnte die Mannschaftsaufstellung aussehen:

Bouchard - Immonen - Bürgler
Suri - Holden - Martschini
Schnyder - Peter - Zangger
Lammer - Diem - Thibaudeau
13. Stürmer: Marchon, Volejnicek

Sondell - Schlumpf
Grossmann - Ramholt
Alatalo - Lüthi
7. Verteidiger: Erni, Morant, Blaser, Stadler

Simon Lüthi wird dem EV Zug wahrscheinlich erst ab dem neuen Jahr wieder zur Verfügung stellen. Aufgrund einer Kreuzbandoperation fällt der zweikampfstarke und wichtige Teamplayer monatelang aus. Er wird schmerzlich vermisst werden, gilt der hart spielende Verteidiger als äussert unangenehmer Gegenspieler.

Erfolgreiche Playoff-Teams sind robust

In der Viertelfinal-Playoff-Serie gegen den späteren Meister HC Davos hat man die Limiten von Zug gesehen. Powert der Gegner so wie Davos, haben die Kolinstädter nur eine Chance, wenn sich Torhüter Stephan in blendender Verfassung befindet. Stephan war es, der die Zuger in der Serie hielt. Zu gut, giftig und robust waren die Spieler des HCD. Besonders in den Playoffs kommt die Robustheit, die Wasserverdrängung und die Stärken bei den „battles along the boards“ zum Vorschein. Hier haben die Zuger aufgrund ihrer Grösse ihre Defizite. Diese wurden meiner Meinung nach noch nicht „meisterlich“ verbessert. Besonders in der dritten und vierten Linie fehlen mir noch zwei solcher Spielertypen für den ganz grossen Erfolg. Ein Dominic Lammer ist bspw. Fehl am Platz. Er gehört in die ersten beiden Linien, um seine Stärken auszuspielen. Doch diese Positionen sind bereits (sehr gut) besetzt. Evtl. macht ein Trade mit dem durchaus talentierten Lammer Sinn, um sich gezielt zu verstärken und dem langersehnten Finaleinzug näher zu kommen. Das Gleiche gilt im ähnlichen Sinne für Samuel Erni in der Verteidigung.

Ob die aktuelle Mannschaft für den Einzug in den Final oder gar Meistertitel reicht? Meiner Meinung nach ist Tobias Stephan immer für eine Halbfinal-Qualifikation gut. Ob die 3. und 4. Linie für eine weitere Reise in den Playoffs genügt, werden wir sehen. Die Einbürgerungsbehörden könnten hierzu sicherlich ihren Anteil dazu beitragen.

Im nächsten Bericht folgen interessante Vergleiche zu den anderen National League Clubs und auch NHL Clubs.

Zuzüge:
Bader (EV Zug Elite-Junioren), Immonen (Torpedo Nizhny Novgorod, KHL), Marchon (EV Zug Elite Junioren), Peter (EHC Biel), Stadler (EV Zug Elite-Junioren), Thibaudeau (SC Rapperswil-Jona Lakers), Volejnicek (EV Zug Elite-Junioren)

Abgänge:
Christen (Rücktritt), Dünner (SC Langenthal, NL B), Earl (Färjestad BK, SHL), Hauser (EHC Arosa, 1. Liga), Herzog (ZSC Lions), Repik (Bili Tygri Liberec, Extraliga) Stämpfli (HC La Chaux-de-Fonds, NL B), Sutter (EHC Biel), Thürkauf (Kelowna Rockets, WHL)


Follow me on Twitter: @HNISwitzerland